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Wechselhafte Andersartigkeit

Die Migrationsforscherin Judith Kohlenberger beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema Flucht und mit geflüchteten Menschen. Im Interview erklärt sie das Paradoxe am vorherrschenden Fluchtregime und warum uns manche Menschen als anders erscheinen, obwohl sie es eigentlich gar nicht sind.

Judith Kohlenberger über…

… das Flüchtlingsparadox.

Es geht dabei um die unterschiedlichen Erwartungen, die an geflüchtete Menschen gestellt werden. Politisch wird oft gefordert, dass sie „besonders schutzbedürftig“ sein sollen – dass es sich bei ihnen um Kinder, Frauen oder alte Menschen handelt. Im klaren Widerspruch dazu steht allerdings die ebenfalls politische Forderung, dass sich die Menschen möglichst schnell in unser wirtschaftliches System integrieren müssen. Sie sollen also vulnerabel und leistungsfähig zugleich sein.

… das Paradoxe der Genfer Flüchtlingskonvention.

Laut Genfer Flüchtlingskonvention sind Menschen anerkannte Flüchtlinge, wenn sie zumindest aufgrund einer der folgenden Merkmale verfolgt werden: Ethnizität, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe und politische Überzeugung. Krieg an sich zählt allerdings nicht als Fluchtgrund. In der Realität ist der Grund für die Flucht der Menschen aus dem globalen Süden sehr oft einer der eben genannten. Trotzdem wird ihnen für ihre Flucht teilweise weit weniger Verständnis entgegengebracht als den Menschen aus der Ukraine.

… Vertrauen in geflüchtete Menschen.

Viele nach Österreich geflüchtete Menschen haben gezeigt, dass sie sehr schnell wichtige Stützen unserer Gesellschaft wurden – auch in wirtschaftlicher Hinsicht.  Egal ob es in den 1990er-Jahren in Folge der Jugoslawienkriege war oder in der jüngeren Vergangenheit im Zuge der großen Fluchtbewegung von 2015/16.

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