en / de

Wider den Retro-Schlankheitswahn, den „Abnehmspritzen“ und KI-Filtern zum Trotz

Elisabeth Lechner hat das Buch „Riot, don’t diet“ veröffentlicht und forscht an der Universität Wien. Sie erklärt, wie sich Schönheitsideale in den letzten Jahrzehnten verändert haben, und erzählt von ihrem ganz persönlichen Zugang zu ihrem Forschungsinteresse.

Elisabeth Lechner über …

… ihr Interesse für das Forschungsfeld:
Ich habe vor ungefähr zehn Jahren damit begonnen, mich mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Damals ist mir aufgefallen, dass das, was als vermeintlich eklige weibliche Körper bezeichnet wird, plötzlich in der Mainstream-Popkultur vorgekommen ist. Nämlich als etwas, das man feiern kann und das auf einmal auch ein zentrales Vermarktungselement von TV-Serien, Büchern und ähnlichem war. Das fand ich interessant, weil die 1990er- und 2000er-Jahre geprägt waren von extrem strengen Anforderungen an den weiblichen Körper.

… die Einverleibung durch den Markt:
In den 60ern und 70ern wurde das ‚Eklige‘ von Feministinnen noch als radikale Widerstandsstrategie verwendet. In den 2010ern wurden Elemente davon von der Kulturindustrie einverleibt und zur Vermarktung von Produkten genutzt. Da stellte sich für mich rasch die Frage, was das für den Feminismus bedeutet.

… ihre persönlichen Bezugspunkte:
Ich war selbst ein dicker Teenager und somit diesem ganzen Wahnsinn in den frühen 2000er-Jahren ausgesetzt. Das war die Hochphase der anorektischen Körper. Ich musste erst einen Zugang dazu finden, weil es im ersten Moment total schmerzhaft und schwierig zu verarbeiten ist, dass man selbst auch impliziert ist.

… die Situation heute:
Meiner Meinung nach erleben wir gerade einen ziemlichen Backlash. Wenn man sich aktuell weibliche Berühmtheiten ansieht, sind die alle wieder ganz dünn. „Slim down to nothingness“ ist so ein Begriff, der dieses Phänomen ganz gut beschreibt.

… warum Frauen vom Schönheitsdruck stärker betroffen sind:
Es ist ein zentrales Machtinstrument patriarchaler Strukturen, Frauenkörper über diese Unerreichbarkeit von Schönheitsidealen unter Kontrolle zu halten. Denn „schön genug“ ist man ja nie. Aber auch für Männer steigt der Schönheitsdruck, denn „ein Lauch“, also zu dünn, darf man natürlich ebenfalls nicht sein. Das ist um nichts besser. Und dann gibt es noch ganz viele Menschen, die nicht dieser binären Geschlechterlogik von Frau und Mann entsprechen und wegen weit verbreiteter Queerfeindlichkeit sogar Gewalttaten fürchten müssen.

Tags: