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Frausein in patriarchalen Verhältnissen ist Dauerstress.

Beatrice Frasl ist vieles. Sie ist Kulturwissenschaftlerin, Geschlechterforscherin, Podcasterin und Kolumnistin. Vor allem ist sie aber Feministin. In ihren Arbeiten setzt sie sich mit den Leerstellen im Gesundheitssystem auseinander und damit, was das mit psychischer Gesundheit macht und mit Feminismus zu tun hat.

Beatrice Frasl über…

… persönliche Wut.

Ich war vor Kurzem auf Wohnungssuche und selten hat etwas meinen klassenkämpferischen Geist so angestachelt, wie aus nächster Nähe zu sehen, wie dieser „Markt“ funktioniert, oder besser: nicht funktioniert. Dass ein Grundrecht wie Wohnen mittlerweile beinahe zu einem Luxusgut geworden ist, da die Mieten so horrend hoch sind, dass sie für viele unleistbar sind, ist ein Verbrechen und macht mich sehr wütend.

… Stigmatisierung durch psychische Erkrankungen.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass das Ausmaß der (Ent)stigmatisierung von psychischen Erkrankungen sehr milieuabhängig ist. Ich nehme da vor allem ein starkes Stadt/Landgefälle wahr. Ich sehe das Sprechen darüber nicht an und für sich als feministischen Akt. Aber es ist ein feministischer Akt, wenn man die politischen Implikationen mitdenkt und mitbenennt. So landet man nämlich zwangsläufig bei der größeren Belastung von Frauen und patriarchalen Verhältnissen.

… stereotype Rollenbilder.

Verschiedene Erkrankungen werden bei Männern und Frauen verschieden oft diagnostiziert. Das hat auch mit stereotypen Rollenbildern zu tun, beispielsweise kann man davon ausgehen, dass Depressionen bei Männern unterdiagnostiziert werden, weil sie nicht mit unserem patriarchalen Bild von „Männlichkeit“ konform sind. Wir sprechen dabei von einem „Diagnose Gap“.

… unterschiedliche Betroffenheit bei psychischen Erkrankungen.

Frauen sind von einer Reihe an Risikofaktoren für die Entwicklung von – vor allem affektiven Störungen – mehr betroffen als Männer. Sie sind viel öfter von Armut betroffen und gefährdet und das weltweit aber auch in Österreich. Frauen sind auch öfter der Belastung durch prekäre und atypische Beschäftigung ausgesetzt, der Mehrfachbelastung durch Erwerbsarbeit und unbezahlter Arbeit. Außerdem sind sie öfter von Gewalt in Partnerbeziehungen, häuslicher Gewalt und sexueller und sexualisierter Gewalt betroffen. Hinzu kommt, dass Frauen mit einengenden Schönheitsnormen konfrontiert sind und das ihr Leben lang. Frausein in patriarchalen Verhältnissen ist Dauerstress. Und Dauerstress macht krank.

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