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Es geht nicht um das Zerstörerische

Amani Abuzahra zählt zu den wichtigsten Referent*innen zum Thema antimuslimischer Rassismus. Im April erscheint ihr neues Buch „Ein Ort Namens Wut.“ Im Interview spricht sie über die Bedeutung von Wut und wie mit der Angst vor Veränderungen Politik gemacht wird. 

Amani Abuzahra über …

… das „Recht“ auf Wut.

Es ist ein Privileg, wie Emotionen gelesen werden und wem Wut zugestanden wird. Wenn Frauen wütend sind, wird es oft als Hysterie abgetan, bei Männern ist es Entschlossenheit und Durchsetzungsvermögen. Ebenso ist es bei von Rassismus betroffenen Menschen oder anderen marginalisierten Personen – auch ihnen wird die Wut oft nicht zugestanden.

… die Bedeutung von Wut.

Wut ist eine sehr wertvolle Emotion, denn sie zeigt: Hier wurde eine Grenze überschritten. Es geht darum, sich und die eigenen Bedürfnisse zu schützen. Darüber hinaus hat die Wut ja unterschiedliche Anteile, es geht nicht nur um das Zerstörerische und Impulsive. Wut kann auch eine Energie sein, mit der man etwas aufbauen und verändern kann. 

… das Spiel mit der Angst.

Ein Stück unserer österreichischen Identität beruht darauf, dass wir uns von „dem Anderen“ abgrenzen – vom „Orient“, vom Islam, vom Kopftuch. Das Kopftuch ist dabei ein spannendes Beispiel. Die FPÖ und auch die ÖVP haben es geschafft, das Kopftuch als Fremdmerkmal zu deklarieren: „Das sind die anderen, bei denen sind die Frauen unfrei, weil sie ein Kopftuch tragen. Bei uns sind die Frauen frei, weil sie es nicht tragen“. Dabei war das Kopftuch noch vor nicht allzu langer Zeit etwas typisch Österreichisches, man denke an die Bäuerinnen und die Kirche.

… die Solidarität von Nicht-Betroffenen.

Nicht-Betroffene können sich aussuchen, ob sie sich mit dem Thema beschäftigen oder nicht. Insofern kann es Kraft geben, wenn man merkt: Jemand anders versucht mich zu verstehen, diese Schwere mitzutragen und Dinge zu verändern. Die Solidarität von Nicht-Betroffenen finde ich sehr wichtig.

… über das Gefühl von marginalisierten Personen, sich ständig rechtfertigen zu müssen.

„Wo kommst du her?“ „Wieso kannst du so gut Deutsch?“ „Wie ist denn das bei euch mit der Religion und den Frauen?“ Wenn man stets solchen Dialogen ausgesetzt ist, dann ist das Sprechen immer ein Aufräumen mit Vorurteilen und ein Widersprechen. Dann bleibt von den eigentlichen Inhalten nicht mehr viel übrig. Wenn solche Fragen gar nicht erst gestellt werden, dann ist schon sehr viel gewonnen.

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